Dienstag, 26. Juli 2016

Ein weiteres, alltägliches „Im Westen nichts Neues“


Nein, für heute ist es genug. Nein, heute lasse ich keinen Terrorakt aus der Kiste springen, und ob da wer irgendwo mit einer Machete jemanden tötet ist, bei aller Tragik, nichts, was um die Ecke wartet. Angst dampft aus allen Poren des Worldwide Webs. Angst, ja? Wirklich – Angst? Ein fernes, schreckliches Ereignis, und mit einem Mal entschleunigt die Gegenfahrbahn und macht Fotos. Ich mittendrin. Stau auf der Gegenfahrbahn. Gott sei Dank spannten die Ordnungskräfte einen des Menschen würdigen Sichtschutz, winkten die Gaffer ebenso durch und, noch besser, rissen nicht jedes mögliche Fenster auf. Angst? Bei einem Verkehrsunfall zu sterben ist wahrscheinlicher als bei einem Terroranschlag, einem Amoklauf umzukommen. Und ja, für die, die umkamen, wars nicht witzig, war es nicht ein Betrunkener am Steuer, war es keiner, der ein riskantes Überholmanöver unbedingt durchziehen wollte. Doch ihr seid, wir sind die auf der Gegenfahrbahn und unterwegs in die andere Richtung. Alles pray for eher prey of … (prey on?)

Heute war ein schwerer Arbeitstag. Gleich zwei Weltuntergänge für jeweils einen Menschen, im Grunde heilbar, für die Betroffenen jedoch eine tief greifende Erschütterung. Ihres Lebensplans, Erschütterung all dessen, was sie über lange Jahre von sich gewiesen hatten und das sich ihnen nun, so weit ihr angeschlagenes Erkennen dies zuließ, offenbarte: Ein Leben im Altenheim. Lange, leise, wertschätzende Gespräche. Weite Spaziergänge. Im Kreis, durch ein gelebtes Leben, durch eine Geschichte, durch Flucht, Vertreibung, traumatische Erlebnisse, die sich nach vorne drängen, wenn man den Halt verliert, ins Ungewisse – doch in Begleitung. Im Kreis - doch fanden beide aus ihrem Kreisen um ihre erschütterte Mitte zu Ruhe und wieder zu sich. Zu sich und zu dem, was sich ihrem Erkennen und Empfinden an Halt bot. Alltag in Deutschland. Ist, was alles in einen Tag passt. Und das wartet auf nahezu jeden, der es schafft. Hinter den Horizont. In Fahrtrichtung.

Das genügt mir für heute. Und morgen ist ein neuer Tag.

Ludwig Janssen © 25.7.2016

Keine Kommentare: